Ob ich wirklich am Sonntag auf eigener Achse heimfahren kann? Ja, fast…
Zunächst aber mein Highlight der Woche:
Mittwoch früh beim Mühlen-Bäcker in Büsum
„Brezeln nur dienstags“. Ungläubig und amüsiert schau ich als brezn-verwöhnter Wahl-Bayer die Verkäuferin an: "Im Ernst?“-„Im Ernst.“ Auf meine Frage, ob das „dezente“ Goldstück über der Tür denn den Rest der Woche verdeckt oder abgehängt wird, ernte ich völliges Unverständnis. Seis drum, aber bis kommenden Dienstag kann ich nicht bleiben. Dem Bäcker verleihe ich hiermit die „Leuchte des Nordens“, allerdings ohne Glühbirne .
Vorsichtshalber spare ich mir den Weg zur Tanke gegenüber aus Angst vor „Diesel nur donnerstags“. Obwohl, das wäre ja morgen! Aber auch egal: ich fahre ja einen V8-Benziner, wenn er denn fährt…
Samstag
Heute ist der Tag der Wahrheit: Läuft LaVerdette nun? Und läuft sie rund oder nicht? Nach einem sonnigen Freitag mit Watt, Wind und norddeutschem (!) Butterkuchen steigt die Spannung.
Falls alle Stricke reißen bleibt mir nur der stündliche ICE von Hamburg nach München oder ich häng (wattn Luxus) noch ein paar Tage dran bis LaVerdette wieder fit ist. Mal sehn, was kommt. Lt. Internet wurde der Expressbrief mit den Kontakten bereits um 08:20 Uhr in Süderholm zugestellt. Ich warte auf Nele´s erlösenden Anruf, der kommt mittags, endlich! „13:00 Uhr ist Abholzeit.“
Ich bin überpünktlich, gemeinsame ultimative Probefahrt. LaVerdette läuft ruhig und schön wie lange nicht mehr, vermutlich haben sich die Macken über die letzten Monate langsam und unmerklich eingeschlichen und erst die lange Fahrt am Montag hat sie dann kollektiv zum Ausbruch gebracht. Und Meister Lorenzen hat ganze Arbeit geleistet,
alles wieder intakt, soweit ich es beurteilen kann. Nele gibt mir noch ein paar Ratschläge, was in der nächsten Zeit unbedingt zu erledigen sein sollte; ist notiert und wird direkt im Anschluss an diese Reise umgesetzt. Auf der Rückfahrt nach Büsum warte und horche ich auf Aussetzer oder andere Fremdgeräusche, aber Fehlanzeige. So mag ich sie. Nur ein feiner heller, von Leitplanken und Häuserwänden zurückgeworfener Pfeifton lässt sich hier und da hören, die Bremse ist es nicht. Meine erste Fahrt geht direkt zum Hafen, Fototermin mit Schiff und Turm im Museumshafen darf nicht fehlen.
Knapp 1000km vom Alpenrand an die Waterkant, nicht schlecht altes Mädchen!
Heute gibts ein dickes Lob und Danke an „Nele“ Lorenzen von der Oldtimer Garage Süderholm. Un wer mol tied het förn por „Benzingespräche“, dat geiht dor ok, kiekst du:
Sonntag
Tschüß, Büsum 2016. Der Sonntag startet mit Schietwetter, die Niedrigwasser-Zeiten haben sich eh in die späteren Abendstunden verschoben, also time to say good bye. Vormittags Flughafen-Transfer nach Hamburg, Termin-Fracht abliefern: Bruder Stefan muss seinen Flieger erwischen. LaVerdette läuft ohne Probleme auch bei Nebel und Nieselregen, wie erwartet. Unerwartet dagegen am frühen Nachmittag dann doch noch eine kräftige Herbstsonne beim Elbspaziergang in Wedel, zu warm für ne Jacke!!
Aber dann gehts südwärts Richtung Heimat zunächst mit einem lange geplanten, mehrfach umgestoßenen, zu guter Letzt doch noch terminierten Zwischenstopp bei Alexander & Kristina (Forum-Leser erinnern sich mit Schmerzen an das „kaltverformte“ weiße 404 Cabrio namens Uhu ).
Die beiden sind mittlerweile schwer auf den Hund gekommen. Das Mühlenmonster entpuppt sich allerdings als ausgewachsener Couch-potatoe, wenn sie denn nur mal drauf dürfte…
Die drei sind einfach so nette Gastgeber, dass sich jeder Umweg dorthin lohnt. Und mit Lakritz & Toblerone lässt es sich leicht einschleimen . Ich werde kulinarisch verwöhnt, mein Curry-King-Gaumen wähnt sich in einer anderen Welt.
Montag
Habe die drei zum „Frühstück im Morgengrauen“ genötigt, ich muss weiter! LaVerdette spult ihr Bundesstraßen- und Autobahn-Programm fehlerfrei runter, schleicht sich auch mal auf 115, 120, dann muss ich mich und sie jedes Mal etwas einbremsen. Unser nächstes Zwischenziel, eine Baustelle in Hof/Saale (ja, auch mal wieder an die Arbeit denken), will man uns nicht ohne größere Umwege quer durch den schönen Harz erreichen lassen.
Schöne Strecken, schönes Wetter, was solls also. 2 Stunden Zeitverlust, Ursache: Gefahrengutunfall bei Magdeburg, Autobahnsperre. Mein cleveres Handy-Navi hat bei allen Engpässen eine Ausweichroute parat, wobei ich mich manchmal frage, ob das nicht doch eher ein Segel-Navi ist, kreuzt ständig vor dem Ziel, kommt ihm aber gefühlt nicht näher. Von Hof geht’s dann endlich Richtung Heimat, das Wetter ist prima, die A93 lädt ein, den Endspurt zügig anzugehen. LaVerdette läuft entspannt und dauerhaft gleichmäßig, irgendwann schwimme ich wieder übermütig im Strom der schnelleren und vermeintlich schnelleren mit.
Bin oft bei, manchmal über 120 und das bekommt ihr wohl dann doch nicht. Die rote Oel-Lampe leuchtet, Standspur, Motor aus. Die Nase meldets schon vor dem Haube öffnen, hier stinkts nach Oel, heißem Oel und richtig: Aus dem Einfüllstutzen qualmts wie die Kühltürme des AKW Isar I bei Landshut (als das noch lief).
Oel ist genug drin. Die Fernmeldestelle Anzlgut (Peter) empfiehlt „Abkühlen lassen, dann testen, ob die Lampe ausgeht“. Es sind 500 Meter bis zum Pendler-Parkplatz an der Ausfahrt Teublitz, die ringe ich ihr noch ab, dann beschließe ich, die "Reise auf eigener Achse" zu beenden, irgendwann ist auch mal gut. Von den geschätzt 50 Parkplatz-Besuchern war nur ein Twingo-Fahrer mutig genug, mich zu fragen, ob er evtl.helfen und mich wo absetzen könne. Franzose halt.
Der AvD schickt mit Alfons Hofstetter einen roten Engel (die gelben sind bei mir untendurch), der nach einer Schnell-Diagnose „Geräusch klingt nach WaPu, sollte man mal testen“ sich spontan bereit erklärt, trotz langem Arbeitstag den Chambord in unsere Stammwerkstatt zu Meister Speuser nach Straußdorf zu überführen. Knappe 200 Kilometer sind das, es ist 18:00 Uhr! Um nämlich einem SAMMELTRANSPORT (das Wort allein lässt Laverdette glatt von selbst anspringen und losfahren) zu entgehen, wird dem AvD fernmündlich der Wert des havarierten Fahrzeugs mit einer mittleren 5-stelligen Summe angegeben, was eine exklusive Einzelfahrt rechtfertigt. Vor lauter Ehrfurcht wage ich jetzt nicht mehr, die Türen zu knallen! Und so endet der Ausflug in den hohen Norden. Die letzte Etappe ist dabei ausnehmend verschleißfrei für LaVerdette… Albert erwartet uns netterweise spät am Abend und die Grüne verschwindet gleich auf ihren „Stammplatz“ in der Werkstatthalle, wo zufällig mein Multivan auf mich wartet, so komme wenigstens ICH auf eigener Achse wieder heim
Mein heutiger Dank gilt Alfons Hofstetter, dem Chef vom Autohaus Hofstetter in Nabburg, übrigens als Renault-Händler ein echter Franzosenfreund. Und als ehemalige Begleitcrew bei einer Oldtimer-Rallye sind die dort durchaus vom Fach, gut für die oberpfälzer Oldie-Fahrer!
Was denn nun wirklich das Beste am Norden ist? Sachte ich doch schon: das Meer!